Ein Sonntagsausflug – mit guten Taten

Normalerweise mag ich es gar nicht, wenn Menschen sich mit ihren guten Taten, die für mich selbstverständlich sind, im Internet anpreisen.

„Ich habe ein Kind beruhigt, weil die Mutter überfordert war“ – „Ich habe einer Oma die Tasche getragen“ usw., alles alltägliche Dinge, die jeden Tag passieren und irgendwo in diesem Land in diesem Moment genau diese gute Tat vollbringt.

Meine Taten sind auch nicht ungewöhnlich, aber die Reaktionen der Teilnehmer möchte ich trotzalledem einmal erzählen.

Gestern war ich auf dem Weg in einen kleinen Halbtagsausflug. Ich flüchtete vor den kleinen und großen Problemen des Alltags und wollte die Zeit für mich geniessen.

Die flatternde Jacke

Schon am Ortsausgang kam mir meine erste gute Tat entgegen, bzw. fuhr mir auf dem Fahrrad davon. Wenn ich meinen Heimatort verlasse, muss ich durch einen Kreisel fahren und habe 3 Ausfahrtsmöglichkeiten. Nr 1 wäre Richtung Norden, Nr 2 ist nur beschränkt erlaubt und Nr 3 bringt mich Richtung Süden oder auf die entsprechenden Autobahnen, die ich nutzen möchte.

Während ich folglich auf diesen Kreisel zufahre, sehe ich eine Frau auf einem schwarzen Moutainbike, etwas unsicher die Ausfahrt 2 nehmen. Sie hat eine lange Strickjacke mit genauso langen Ärmeln um den Bauch gebunden, die ein Spielchen mit den Speichen des Fahrrad spielen. Es sieht fast so aus, als würden die Ärmel und Speichen Fang-mich spielen. Eine sehr gefährliche Angelegenheit, denn sollten die Speichen den Ärmel fangen, während die auf dem Fahrrad sitzende Dame den leichten Hang hinabfährt, kommt es 100 % zum Sturz und der kann an dieser unübersichtlichen Stelle zu dramatischen Ergebnissen kommen.

Ich fahre folglich der Dame in meinem kleinen alten Auto, das nur durch sein klassisches Design besticht (Mini Cooper) hinterher und versuche, sie anzuhalten. Ausser einem bösen Blick (du blöde Kuh, was willst du) ernte ich nichts, erst als ich Hupe und entsprechende Handbewegungen mache, bleibt sie stehen.

Ich erkläre ihr kurzerhand, dass die Jacke fast in den Speichen hängt und dies böse ausgehen kann. Der Blick ändert sich zwar ein bisschen, aber wirklich freundlich war die Dame nicht. Sie wickelt sich die Jacke nun umständlich um Hals und Schultern und fährt, nur mit einem knappe „Danke“ sagend, weiter. Ich glaube, ihr war immernoch nicht bewusst, was ihr hätte passieren können. Sie hinterliess den Eindruck , dass ich, die blonde Kuh im „stylischen“ Mini, sie einfach nur genervt habe.

Der gewesene Regenschirm

Die zweite gute Tat, die ich abends auf dem Heimweg begangen habe, fand in Geisenheim statt. Ich hatte mir gestern zum Ziel genommen, für mein Buch über meine Vorfahren die über 700 Jahre alte Linde zu fotografieren, da diese schon stand, als ein Ahnenpaar dort 1619 heirateten.

Auf dem Rückweg zum Auto fing es an zu Regnen. Ich zog die Kapuze über den Kopf und schlich mich an den Hauswänden entlang, um nicht nasser zu werden, als es sein muss. Ich bin erst vor zwei Wochen klitschnass und durchfroren gewesen, dass sollte sich nicht wiederholen. Am Auto angekommen, sprang ich schnellstens hinein, um mich im trockenen zu wähnen.

Gegenüber meines Parkplatzes auf der anderen Strassenseite sah ich dann eine eine ältere Dame, schätzungsweise um die 80J, unter einem großen Laubdach eines Baumes stehen und darauf wartend, dass es aufhört zu regnen. Es hätte noch lange gedauert, bis es zu regnen aufgehört hätte, auch das Laub hätte den Regen nicht mehr lange abhalten können und die Feuchtigkeit in der Luft war sicherlich ebenfalls nicht fördernd für die Gesundheit der alten Dame.

Ich überlegte, wie ich hier helfen könnte. Nach Hause fahren war keine Option, aus meinem Auto wäre die Dame nur mit Umstand wieder herausgekommen. Also musste ein Schirm her. Ausnahmsweise und nur, weil er von meiner Urlaubsreise übrig geblieben ist, hatte ich noch einen gelben Knirps im Auto gehabt. Mit Schirm bewaffnet, stieg ich aus dem Auto aus, sprach die Dame an und sagte ihr, sie solle mit meinem Schirm nach Hause gehen, denn es würde sicherlich noch lange dauern, bis es aufhören würde zu regnen.

Ihr Blick war der Grund, diese Begegnung zu posten. Ein ungläubiges „Ja“ konnte sie sagen, aber mehr auch nicht. „Nehmen sie meinen Schirm und gehen sie nach Hause, sonst müssen sie noch länger hier stehen“ Ich spannte ihr den Schirm auf, drückte ihr diesen in die Hand und wünschte ihr einen Guten Nach-Hause-Weg. „Ja?“ immerwieder nur ein „Ja“? und dieser ungläubige Blick. Mehr war nicht und mehr musste auch nicht sein. Mit einem leisen Danke-schön verabschiedete sie sich und ging im Regen geschützt nach Hause. Sie selbst hatte noch gar nicht begriffen, was da gerade geschehen ist. Eine wildfremde Person hatte ihr einen Schirm geschenkt, damit sie trocken nach Hause kommt.

Ich schaute ihr hinterher. Irgendwie berührte mich der Anblick eines alten Menschen, in einem beigefarbenen Mantel wie ihn schon die Generation meiner Oma trug mit diesem quietschgelben Schirm, der die alte Dame nun nach Hause begleitete.

Der Schirm machte das Bild fröhlich und ich hatte das Gefühl, dass innen drin die Dame ebenfalls fröhlich gewesen ist und ein Lächeln mit sich trug.

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